Sport ist eine optimale Ablenkung von den aktuellen Problemen im Leben, die helfen kann, zumindest für eine Zeit lang abzuschalten und sich zu entspannen. Sport erfordert Konzentration, um die Übungen richtig auszuführen und die richtigen Muskeln zu aktivieren. So ist es zum Beispiel wichtig, darauf zu achten, seine Bauchmuskulatur anzuspannen oder den Rücken gerade zu halten. Außerdem werden beim Sport Hirnareale verwendet, welche sonst weniger benutzt werden. Der Frontalkortex als Beispiel, der für die Grübeleien und negativen Gedanken zuständig ist, bekommt während des Sports kaum Aufmerksamkeit. Deshalb nehmen diese Gedanken beim Sport automatisch ab. So werden Sie zumindest für diese Zeit Ihre Sorgen vergessen und den Stress reduzieren können.
Für unsere gute Laune ist ein Botenstoff namens Serotonin verantwortlich. Zu seiner Bildung wird die Aminosäure L-Tryptophan benötigt. Diese muss dabei zuerst die Blut-Hirn-Schranke passieren. Hierbei steht sie in Konkurrenz zu anderen Aminosäuren, die das gleiche Ziel haben. Jedoch kann immer nur eine begrenzte Menge der Aminosäuren diese Schranke passieren. Da beim Sport die „großen“ Aminosäuren vorwiegend in den Muskeln aktiv sind, ist mehr Platz für das L-Tryptophan und es kann in größerer Menge die Blut-Hirn-Schranke passieren. Hiermit erhöht sich die Bildung von Serotonin und damit verbessert sich auch unsere Stimmung.
Beim Sport werden außerdem weitere Botenstoffe wie Endorphine und Dopamin ausgeschüttet, die sowohl einen schmerzlindernden Effekt haben, als auch die Laune verbessern können. Zudem wird die Ausschüttung von Stresshormonen, zum Beispiel Kortisol, verringert.
Psychische Erkrankungen haben oft eine Veränderung im Gehirn zur Folge, so wird zum Beispiel bei der Depression der Hippocampus verkleinert. Regelmäßiger Sport kann diese Veränderung verhindern, da durch ihn dieser Teil des Gehirns wieder an Volumen zunimmt. Des Weiteren werden sowohl neue Nervenzellen als auch mehr Synapsen gebildet. Die Verbindung von Neuronen und Synapsen wird auch als Neuroplastizität bezeichnet, die bei Depressionen zum Beispiel verringert ist. Durch Sport kann sie aber wieder verbessert werden. In Folge dessen können durch Sport psychische Erkrankungen nicht verhindert oder geheilt werden, aber er kann durchaus einen erheblichen Beitrag bei der Prävention und der Verbesserung dieser leisten und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.
Obwohl der Körper während der Bewegung temporär zusätzlichem Stress ausgesetzt ist, kann diese trotzdem Ihre Entspannung beeinflussen. Denn durch den Sport werden mehr unserer körpereigenen Cannabinoide produziert, die wiederum für Entspannung, Regeneration und Gelassenheit sorgen. Es wird vermutet, dass der Cannabinoid-Rezeptor 1, der beim Andocken von den Cannabinoiden aktiviert wird, maßgeblich zum Löschen negativer Erinnerungen beiträgt. Wenn sich bei Sport die Zahl dieser erhöht, können mehr Rezeptoren aktiviert werden und somit mehr negative Erinnerungen beseitigt werden. Werden diese Rezeptoren, die man vor allem in den Hirnregionen findet, blockiert, kann dies zu schweren Angststörungen führen.
Doch bei all den physiologischen Mechanismen, die Sport mit sich bringt, möchten wir die psychischen Wirkfaktoren nicht außer Acht lassen. Vom sozialen Faktor, der übrigens auch im Onlinetraining nicht zu kurz kommt, über die Ablenkung von negativen Gedanken und Stress, mehr Inspiration, sowie einer sinnvollen Tagesstruktur bis zur Erhöhung der Selbstwirksamkeitserwartung - Sport hat ein unermessliches Verbesserungspotenzial auf unsere psychische Gesundheit.
Das nächste Mal, wenn Sie nach einem langen, stressigen Tag völlig erschöpft nach Hause kommen und nicht im Traum daran denken, Sport zu machen, rufen Sie sich diesen Artikel in Ihr Gedächtnis und denken Sie an all die positiven Veränderungen, die Sport auf Ihr Leben haben kann. Schon nach einigen Minuten werden Sie sich besser fühlen und trotz anfänglicher Unlust weitermachen. Dabei muss es gar kein super intensives Intervall-/Krafttraining sein. Eine leichte Yogaeinheit oder eine Nordic-Walking-Runde reichen schon aus. Wichtig dabei ist, dass Sie einen Sport treiben, der Ihnen Spaß macht, denn sonst können die positiven Auswirkungen ausbleiben.
Bitte beachten Sie, dass Sport kein Heilmittel für eine psychische Erkrankung ist. Besonders bei Essstörungen oder zusätzlichen körperlichen Beschwerden, wie Herzproblemen, kann Sport die Situation sogar verschlimmern. Außerdem kann die Antriebslosigkeit im Rahmen einer Depression zum Beispiel verhindern, dass Sie motiviert sind, überhaupt Sport zu treiben. Somit ist Sport ein effektiver, aber kein alleiniger Teil einer Behandlung.
Umso wichtiger ist es, einen Therapeuten aufzusuchen, mit dem Sie zusammen Ihre Therapiemethoden besprechen. So können mögliche negative Auswirkungen verhindert und ein Sportprogramm sinnvoll gestaltet werden.
In meiner Praxis berate ich Sie auch zu geeigneten sporttherapeutischen Maßnahmen und zu maßgeschneiderten Bewegungskonzepten.
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